top of page

Margarete Rahr...
...oder wie die von-Beckeraths zu Cracau kamen

 

rahr_01.jpg

Margarete Rahr 1745-1806

Wer vom Bismarckviertel spricht, spricht von Cracau; wer von Cracau spricht, spricht von der Familie von Beckerath; wer von den von Beckeraths auf Cracauen spricht, muss von Margarete Rahr, ihrer Stammmutter sprechen.

Ein Blick ins 18. Jahrhundert zeigt die Zusammenhänge.

 

Nachdem die oranischen Landesherren die alte, im 15. Jahrhundert errichtete Wasserburg Cracau hatten schleifen lassen (um 1677), lag das Gebiet vor den Toren Krefelds wüst und leer, ein Sumpf- und Waldgebiet, ein Ort zum Jagen, Holzsammlen, Angeln. An die Burg erinnerte nur das Geviert der Wassergräben, Wälle und eine Menge Steine. Als um 1702 die Preussen die neuen Landesherren wurden, sprach man von der preussischen Domäne Cracau, sie fasste eine Fläche von rund 22 Morgen Land.

Diese Domäne pachtete 1719 der aus Kempen zugewanderte Hubert Rahr (1678-1746), zusammen mit seinem Bruder Peter und dem befreundeten Jakob Ravens. Mit der Anlage einer holländischen Bleicherei und einer Essigfabrik wollten die Drei hier ihr Glück machen. Es lief nicht so richtig mit der Bleicherei und man ging bald wieder auseinander. Hubert Rahr aber blieb Pächter von Cracau und Betreiber der immer kräftiger florienden Essigfabrik. Nach Huberts Tod (1746) gingen Domänen-Pacht und Fabrik auf seinen Sohn Johannes Rahr über. Die jährliche Produktion an Essigsprit auf Cracau lag zu dieser Zeit bei etwa 1000 Ohm, rund 160 000 Litern.

rahr_02.jpg

An die Burg Cracau erinnert nur das Geviert der Wassergräben (Engelbronner Karte um 1730)

rahr_03.jpg

Die Lage vom Schloss Cracau und den Fabrikgebäuden

rahr_05.jpg

Heinrich von Beckerath; 1732-1815

rahr_06.jpg

Eingangstor zu Schloss Cracau. Der linke Flügel diente als Kontor, der rechte als Wohnhaus. Zeichnung von Bruno von Beckerath

rahr_07.jpg

Heinrich von Bekerath; 1732-1815

Johannes – nunmehr also der Pächter der Domäne Cracau - hatte um 1744 Elisabeth Sohmann (1722 bis 1779) geheiratet. (Elisabeth Sohmann war die Tochter des 1699 in Mülheim geborenen Adam Sohmann, der Margarethe, die Tochter des aus alter Krefelder Familie stammenden Tuchhändlers Abraham Pullen geehelicht hatte. Elisabeths Bruder Abraham übrigens gründete 1762 die Tuchfirma Sohmann, aus der knapp 100 Jahre später das Bankhaus A. und C. Sohmann hervorging).

Am 12. März 1745 nun wurde dem Paar Elisabeth + Johannes die Tochter Margarete geboren, eben jene, um die es hier geht. Margarete zeigte sich bald als ein in vielerlei Hinsicht begabtes Mädchen; in ihrem Arnheimer Skizzenbuch aus dem Jahre 1759 etwa wird eine außerordentliche zeichnerische Begabung sichtbar. Ein Talent, das auch später bei ihren Enkeln und Urenkeln immer wieder zu Tage tritt.

 

Um der jungen Familie und der Fabrik eine verlässliche Perspektive zu geben, betrieb Johannes bei der preussischen Regierung (genauer bei deren Filiale in Moers) nun die Umwandlung der Domänenpacht in eine Erbpacht. Dies wurde ihm schließlich auch gewährt und in einer am 20.November 1765 von Friedrich II höchstselbst unterzeichneten Urkunde dokumentiert. Mit der Erbpacht verbunden war ein Vorkaufsrecht. Um dieses Recht zu realisieren, brauchte es eine weitere lange Verhandlung und eine weitere Unterschrift des großen Königs. Dies alles aber betrieb – Johannes’ starb am 27. Juni 1767 – nun seine Witwe Elisabeth.

Hier unterbrechen wir kurz den Gang der Darstellung und gehen noch einmal zurück in die 1740er Jahre, zu einer bedeutungsvollen Wendung auf Cracaus Weg. Um 1746 nämlich mietete sich auf der Domäne die Seidenfärberei des Seidenfabrikanten und Von-der-Leyen-Konkurrenten Gerhard Lingen ein. Diese Seidenfärberei erbten bei Lingens Tod im Jahre 1761 seine Stiefenkel Jakob, Gerhard und Heinrich von Beckerath.

Die Nähe von Essigfabrik und Seidenfärberei auf Cracau hatte Folgen. Margarete, die Tochter des Essigfabrikanten und Heinrich, der Seidenfärber (Abbildung links), fanden zu einander, am 11. Dezember 1764 heirateten sie. Da die Gebäude auf Cracau damals eher gewerblichen Zwecken als bequemem Wohnen dienten, wohnte die junge Familie im Rahrsche Haus in der südöstlichen Ecke des Neumarktes mit Ausgang nach der Königstraße, da also, wo heute der Kaufhof steht. Das Haus hatte 1718 Großvater Hubert Rahr erbaut.

Wenn Cracau auch noch nicht der ständige Wohnsitz der Familie war, längst war es allen ans Herz gewachsen. Als Elisabeth Sohmann auf den Tod lag, ließ sie sich nach Cracau bringen, um dort zu sterben. Ebenso tat es 1806 ihre Tochter Margarete.

Heinrich wurde schnell zum Sachwalter der gemeinsamen Familieninteressen; er unterstützte seine Schwiegermutter Elisabeth erfolgreich bei den Verhandlungen mit der preussischen Regierung über den Kauf der Domäne. Am 30. Januar 1775 war die Sache ausgehandelt. (Die von Friedrich II unterzeichnete Verkaufsurkunde trägt das Datum 16.März 1779). Der Kaufpreis für die 22 Morgen der Domäne Cracau betrug 3466 Rth; er errechnete sich bei einem dreiprozentigem Zinssatz aus der jährlichen Pacht von 104 Rth.

 

Nun, da Cracau für die Familie gesichert war, konnte man auch darangehen, dem Gebäude eine repräsentablere Gestalt zu geben. Heinrich ließ die noch aus der Zeit Hubert Rahrs stammende Anlage umbauen und gab ihm die Gestalt des Rokokoschlösschens, die wir aus vielen Abbildungen kennen. (Es wurde Opfer des Bomberangriffs 1943.)

Durch Erbschaft ging Cracau nach dem Tode von Elisabeth Rahr auf Heinrich von Beckerath, ihren Schwiegersohn, über. Er also war der erste Cracau-Besitzer mit dem Namen von Beckerath. Zum wirklichen Wohnsitz der von Beckeraths wurde Cracau erst in der folgenden Generation, als nämlich die Familien ihrer Sohne Gerhard und Heinrich hier einzogen.

Margarete und Heinrich bekamen zwischen 1766 und 1787 insgesamt 12 Kinder, die alle, dem Wunsch von Vater Rahr folgend, reformiert erzogen wurden. Die Kinder der folgenden Generation bekannten sich dann zur Religion der von Beckeraths und wurden Mennoniten.

Kinder.JPG

ger

bottom of page