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Alt-Cracauer-Familien

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Hoffront von Cracau. Hermann Passen fährt eine reparierte "Oovespiep" zu einem Kunden, dem er kurz vor erklärt hatte: "Van Dag kann ech ne-it!"

Hier begeben wir uns in die Zeit Mitte 19.-/20.-Jahrhundert und stellen Ihnen das Leben der Familien Passen und  Sauer und von Hilde Zapp vor.

Familie Passen

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Hermann Passen war schon zu Zeiten der Färberei Gebr. von Beckerath auf Cracau und bewohnte mit seiner Familie das Wohngebäude über der Remise und Waschküche. Als die Färberei stillgelegt wurde, eröffnete er eine eigene Schmiede, wo ihm sein alter Geselle Mathias Minden half.

Seine Schmiede lag in einem idyllischen Eckchen des großen Fabrikhofes, eingeengt zwischen der Remise und der Auto-Reparaturwerkstatt von Paul Wackwitz, wo es immer so herrlich nach Benzin roch – bis eines Tages das Lieferauto des Kaufhauses Leonhard Tietz, das sich gerade dort in Reparatur befand, explodierte und damit auch die ganze Werkstatt abbrannte. Die Feuerwehr erntete von dem hinter dem Gebäude stehenden Birnbäumen die fix und fertig am Baum gebratenen Birnen.

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Vor der Remise, dem Pferdestall und der ehemaligen Farbküche der Färberei, wo dann der Böttchermeister Winters seine Werkstätte hatte, war ein weit vorspringendes Schutzdach, unter dem immer einige Wagen standen.

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Zur Schmiede ging es ein paar Stufen vom Hof herunter. Sie war schmal und langgestreckt. Gleich vor dem Eingang stand ein großer Amboss, an dem immer ein schwerer Vorschlaghammer lehnte. Dahinter war das Schmiedefeuer, von einem mächtigen Blasebalg befeuert, an dem zu ziehen als Kind meine höchste Wonne war.

Hier brachte Hermann Passen die zum Schmieden bestimmten Eisenstäbe, aus denen Hufeisen gemacht wurden, zur Weißglut. Auf dem Amboss wurde dann das glühende Eisen behämmert, dass die Funken weithin flogen. Im Hintergrund stand eine Bohrmaschine, die von Hand angetrieben werden musste.

Der älteste Sohn Max Passen war ein geschickter Graveur, der sich seine Werkstatt auf dem kleinen Hof neben der Waschküche aufgemacht hatte. Gelernt hatte er bei J. P. Kayser & Sohn. Später ging Max nach Geislingen a. d. Steige zur Württembergischen Metallwarenfabrik und war auch, ehe er sich selbstständig machte, ein paar Jahre in Paris. Von der Pariser Firma bekam er noch jahrelang viele Aufträge

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Als Kind war ich meist, wenn meine Mutter mich suchte, bei Passens oben in der Küche, wo es mir nach langen Versuchen gelang, mich mit der Katze "Pitter" anzufreunden, die im allgemeinen keine Kinder leiden mochte, die sie offenbar gequält hatten.

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Max Passen in seiner Gravierwerkstatt war natürlich auch ein Anziehungspunkt. Wie schon erwähnt, bekam er als selbstständiger Graveur immer noch Aufträge der Pariser Firma, wo er gearbeitet hatte. Man war direkt auf die meisterlichen Ausarbeitungen der Gussformen zum Beispiel für silberne Tabletts angewiesen.

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Max bekam aber auch häufig Arbeit aus Kevelaer zur Herstellung von Gussformen für Kruzifixe. Nebenbei fertigte er als Hobby Flugzeuge wie zum Beispiel das damals viel bewunderte Flugzeug, mit dem Bleriot als erster Pilot den Ärmelkanal überflog. Zu Hannes Sauers Hochzeit mit Finchen Baaken aus Tönisberg fertigte er eine Luftschiffhalle, woraus, wenn man sie öffnete, ein Zeppelin hoch stieg.

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Karl Passen, der älteste Sohn, war ein besonders guter Schüler, der zu Weihnachten immer von seinem Lehrer Wichterich ein wunderbares Geschenk erhielt. Ganz besonders erinnere ich mich an eine Dampfmaschine, zu deren Ausprobierung Karl mich eingeladen hatte. Im Sommer fertigte Karl zusammen mit seinen Freunden Hannes und Jupp in der Sauerschen Maschinenfabrik ein Schiff, in das sie die Dampfmaschine einbauten, die die Schiffsschraube antrieb.

 

Als das Schiff, das wie ein Ozeandampfer in Miniatur aussah, fertig war, zogen wir zusammen zum Stadtwald, mieteten zwei Kähne und ließen den Dampfer auf dem Teich fahren. Das ging eine Zeit lang gut, und wir hatten viele Zuschauer. Aber plötzlich war das Wasser im Kessel verbraucht, und mit einem heftigen Knall explodierte das prachtvolle Schiff und versank vor unseren Augen im Stadtwaldteich auf Nimmerwiedersehen!

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Familie Sauer

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Zu den Familien, die eng mit Cracau verbunden waren, gehörte auch die Familie Sauer, die in dem zur Cracauer Straße weisenden Gebäude links vom Tor wohnte.

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In der ehemaligen Färberei der Firma Gebr. von Beckerath betrieb Vater Josef mit seinen zwei Söhnen Johannes und Josef eine Maschinenfabrik, in der sie hauptsächlich Textilmaschinen herstellten. Angetrieben wurden die hierzu nötigen Schleif-und Bohrmaschinen über Transmissions-riemen von einem starken Gasmotor. Johannes, oder Hannes gerufen, musste bald Soldat werden, doch da er beim Kommiss überall eine gute Nummer hatte, kam er viel auf Urlaub, und dann spielte auch er fleißig" Pass-op" mit uns.

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Elly, die jüngste Tochter, wurde jeden Tag zum Mitspielen geholt. Manchmal dauerte es etwas, bis sie kam. "Ich muss noch zwei Päckskes Rechenaufgaben abschreiben" aber dann war sie bald wieder unsere Räuberbraut. Sie war auch dabei, als ich in einem Winter in die zugefrorenen Mistkull vom Hohen Haus fiel, worüber sie heute noch lacht.

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Außer den bereits genannten Kindern Sauers muss unbedingt die älteste Tochter Paula erwähnt werden, die aber schon verheiratet war und mit ihrem Mann in Venlo wohnte. Das junge Paar war häufig in Cracau zu Gast und es existiert eine alte Fotografie des Paares, aufgenommen im Cracauer Garten. Einige Jahre älter als Elly war Emma, die aber schon früh gestorben war. So kam es, dass eigentlich Elly unsere Hauptspielgefährtin war, die natürlich mit uns auch ausgesprochen weibliche Spiele spielen wollte, wie "Hinkeln" mit den Abarten "Himmel und Hölle" und "Schnecke". Ballspielen liebte sie auch und, je nach Jahres-zeit, wenn sie in Mode waren, "Murmeln" auch in verschiedenen Spielarten.

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Sauers hatten natürlich für ihre Maschinenfabrik auch einen Telefonanschluss, der damals noch nicht automatisiert war. Klingelte das Telefon, dann ging zuerst Frau Sauer dran und meldete sich "Hier Sauer - weddoch!". Es dauerte eine Zeit lang, bis ich heraus bekam, was es heißen sollte: "Hier Sauer - wer dort?".

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Hilda Zapp

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Wenn hier die Bewohner Cracaus aufgezählt werden, so gehört unbedingt auch Hilda Zapp dazu, die kurz nach der Geburt meines Bruders Rudi von unseren Eltern als "Kinderfräulein" eingestellt wurde und über 10 Jahre eine uns allen lieb gewordene Hausgenossin war.

 

In späteren Jahren kam sie wieder nach Kaiserswerth zurück, wo sie ihre letzten Lebensjahre im Mutterhaus der Kaiserswerther Diakonissen verbrachte, wo Rudi sie noch oft besuchte und sie 1964 auch zu ihrer letzten Ruhe geleitete.

Literatur:

Rudolf Perpeet, Der Kunstbildhauermeister Brahmstädt; Heimat 47, S.52 ff, Renè Linke, Hinterm Idyll ein Drama, Westdeutsche Zeitung 4.8.1999, Karl Buschhüter: Mann und Weib, Kunst und Leben am Niederrhein, Stimme der Dürer-Vereins in Krefeld, Windmonat 1906

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